Schrödinger, Dr. Linda und eine Leiche im Kühlhaus

De Leeuw, Jan, 2010
Verfügbar Ja (1) Titel ist in dieser Bibliothek verfügbar
Exemplare gesamt 1
Exemplare verliehen 0
Medienart Buch
ISBN 978-3-8369-5303-0
Verfasser De Leeuw, Jan Wikipedia
Beteiligte Personen Leeuw, Jan de Wikipedia
Systematik JO - Literatur Oberstufe
Schlagworte Familie, Verantwortung, 4. Klasse, Erwachsenwerden, 5. Klasse, Brückenliteratur
Verlag Gerstenberg
Ort Hildesheim
Jahr 2010
Umfang 126 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Jan De Leeuw. Aus dem Niederländ. von Rolf Erdorf
Annotation Ein bisschen surrealistisch, der Titel, finden Sie? Und das Einbandbild: Eine zusammengekauerte, nackte Frau mit aufgemalten 'Tranchierungsvorschlägen' wie in der Kundenzeitschrift der Metzgerinnung – etwas makaber? Dann sollten Sie dieses Buch nur mit Vorsicht in die Hand nehmen. Denn Titel und Cover sind nichts gegen das, was drinnen auf Sie zukommt. Schrödinger, das ist die Katze der Familie von Jonas – und ein berühmter Physiker, der sich mit Quantentheorie beschäftigte. Beides hat miteinander zu tun, denn Schrödinger, der Physiker, erzählte ein Beispiel für seine Theorie, das mit einer Katze zu tun hat. Das passt also. Ob das Wort von der 'Familie' für Jonas und die Seinen passt, ist nicht so sicher. Jonas scheint etwa vierzehn Jahre alt zu sein, er hat noch eine kleine Schwester, Sarah, die bald ihr Geburtstagsfest feiern will. Eigentlich hat er noch eine andere Schwester gehabt, doch die ist bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Erst am Schluss des Buches erfährt man die schrecklichen Hintergründe. Dann hat Jonas einen Vater, ehemals Metzger von Beruf, der eines Tages kein Tier, kein Fleisch und kein Blut mehr sehen konnte und deswegen in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik lebt. Und als wäre das noch nicht genug, findet Jonas auf Seite 12 dieser Geschichte seine Mutter tot im Bett – Tablettenselbstmord. Die nächsten einhundertzehn Seiten versucht Jonas nun, diese letzte Katastrophe, die seine Familie zerstört hat, zu vertuschen, ungeschehen zu machen, vor den Nachbarn und aller Welt zu verbergen, aus Angst vor den wahrscheinlichen Konsequenzen. Die Mutter landet zunächst im noch betriebsfähigen Kühlhaus der Metzgerei, die sehr neugierigen Nachbarn werden mit den unmöglichsten Ausreden hingehalten, sogar das Geburtstagsfest für Sarah wird mit großem Aufwand inszeniert und gefeiert, endet aber mit einer mittleren Katastrophe, die für Jonas’ Pläne allerdings auch erhebliche Vorteile bringt. Da Jonas’ Mutter als 'Kummerkastentante' für eine Zeitschrift arbeitete, wird Jonas überdies noch zugeschüttet mit den Sorgenmüllmails der Leser und Leserinnen, eine davon rückt der Familie sogar persönlich auf die Pelle. Auch das erweist sich letzlich eher als Glücksfall, aber vorher fährt Jonas’ Nervenkostüm und Seelenleben erst einmal Achterbahn. Eine äußerst seltsame und in Teilen fast abartige Geschichte also, vor allem, wenn man sie so zusammenfassen will, ohne allzuviel zu verraten. Und ich könnte mir viele Autoren vorstellen, die aus so einem Gerüst eher Peinliches, Schwermütiges oder krampfhaft Bemühtes zimmern würden. Nicht so Jan de Leeuw. Er hat die gerade bei niederländischen Jugendschriftstellern häufig anzutreffende Fähigkeit, Absurdes mit Realistischem nahtlos zu verbinden, tiefe Gefühle leicht darzustellen, ohne oberflächlich zu werden und eigentlich unendlich Traurigem ein Lächeln ohne Schadenfreude abzuringen. Das ist große Kunst, die ganz unauffällig und locker daherkommt, obwohl sicher harte Arbeit dahinter steckt. Wenn man die Absurditäten der Handlung einmal in den Hintergrund stellt, ist es eine Geschichte von Zivilcourage und Mut, von Kreativität und der Fähigkeit, im rechten Moment anzupacken, vor allem aber von fast grenzenloser Liebe, Fürsorge und Verantwortung, die Jonas für seine Schwester Sarah empfindet und lebt. Und auch wenn die Wahrscheinlichkeit, ähnliche Situationen selbst zu durchleben, hoffentlich extrem gering ist – dieses Buch macht Mut, sich auch ausweglos erscheinenden Lebensphasen zu stellen, nicht aufzugeben und sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Das sind große Sätze, könnten große Phrasen sein, hier ist es die Essenz einer irritierend-spannenden, zu Herzen gehenden und gleichzeitig amüsanten Erzählung, wie ich sie noch kaum vorher gelesen habe. Ein kleines Wunder, das eine große Empfehlung wert ist. Der Warnhinweis dazu stand ja bereits im ersten Absatz. *Alliteratus* Bernhard Hubner

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