Aufmarsch. Die rechte Gefahr aus Osteuropa

Mayer, Gregor, 2010
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Medienart Buch
ISBN 978-3-7017-3175-6
Verfasser Mayer, Gregor Wikipedia
Verfasser Odehnal, Bernhard Wikipedia
Beteiligte Personen Lendvai, Paul [Vorw.] Wikipedia
Systematik GZ - Zeitgeschichte
Schlagworte Nationalismus, Rechtsextremismus, Rechtsradikalismus, Osteuropa, Gegenwart, Neonazismus, Neonazis
Verlag Residenz Verl.
Ort St. Pölten
Jahr 2010
Umfang 297 S.
Altersbeschränkung keine
Auflage 2., durchges. Aufl.
Sprache deutsch
Verfasserangabe Gregor Mayer ; Bernhard Odehnal. [Mit einem Geleitw. von Paul Lendvai]
Illustrationsang Ill. (farb.)
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Roman Schweidlenka;
Rechtsextremen und neonazistischen Ideologien in Osteuropa auf der Spur. (GP)

Die Zunahme rechtsextremer Aktivitäten beunruhigt seit Jahren demokratisch gesinnte Menschen. Dabei fiel der Blick fast immer auf Deutschland und Österreich, bestenfalls auf Westeuropa. Osteuropa, das seit dem Zusammenbruch des Kommunismus mit besonderen sozialen und wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hatte, blieb lange ausgeklammert. Das vorliegende Buch schildert nun die Situation in Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Serbien, Kroatien und Bulgarien - und schockiert. In Ungarn sind rechtsextreme und neonazistische Ideologien weit in die Mitte der Gesellschaft vorgerückt, erfolgreiche politische Parteien sind mit der radikalen Neonaziszene verknüpft, enge Schulterschlüsse mit einschlägigen "Kameraden" aus Deutschland und Österreich werden intensiv gepflegt. Dabei kommt es immer wieder zu Gewaltakten gegen Roma, die oft in Slums leben. Neben den Juden sind die Roma Feindbild Nr. 1 für die rechtsextremen Aktivisten. Militante Garden ziehen durch das Land, während die demokratische Mitte und die Linke eher gelähmt wirken. Faschistische Relikte erheben sich auch in anderen osteuropäischen Ländern aus ihren vergessenen, im Kommunismus unterdrückten Gräbern.
Erstaunlich, wie intensiv die neue radikale Rechte besonders in Ungarn in ihrer Agitation auf Jugendliche setzt. Heavy Metal, Rechtsrock und andere jugendkulturelle Szenen werden wie in Deutschland und Österreich instrumentalisiert, um Jugendlichen den Hass auf Demokratie und Minderheiten einzutrichtern. Interessant auch die große Bedeutung esoterischer Strömungen für die Renaissance des Neofaschismus. Das reicht von Spielarten eines "nationalen Schamanismus" in Ungarn bis zu mystisch-esoterischen Kulten um die Kronen längst von der Geschichte überholter Königshäuser, die angeblich einen okkulten Draht zwischen Himmel und Staat herstellen. Für politisch interessierte LeserInnen ist dieses Buch von unschätzbarem Wert. Es sollte seinen Weg auch zu jenen Zeitgenossen finden, die gerne wegsehen. Denn Wegsehen ist kein Weg, um demokratische Kultur lebendig zu erhalten.

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Quelle: Pool Feuilleton;
Wenn in Österreich ein Buch über die rechte Gefahr in Osteuropa erscheint, so sollte man sich vor der Lektüre in Erinnerung rufen, dass Österreich als bisher einziges Land von der EU mit Sanktionen bedacht worden ist, weil die rechte Gefahr offensichtlich Regierungssitze erklommen hatte. Je nach Standpunkt kann man davon ausgehen, dass das Braune wie selbstverständlich in jedem Staat vorhanden ist oder dass es schrecklicherweise gerade über Nacht wieder einmal entstanden ist.
Im Vorwort weist Paul Lendvai darauf hin, dass es einen unbekannten Osten gibt, "nämlich die Welt der Rechtsextremen, der Rassisten, der ewiggestrigen und zugleich jungen Hetzer gegen die Roma, die Juden, die ethnischen Minderheiten und die Homosexuellen." (7)
Gregor Mayer und Bernhard Odehnal berichten in ihren Reportagen aus Ungarn, Tschechien, Slowakei, Kroatien, Serbien und Bulgarien vom Aufmarsch der Rechten, dabei ist das Verblüffende, dass die neuen Rechten nicht auf Anhieb als solche erkennbar sind. Auch die Auftritte variieren, dabei gibt es durchaus skurrile Verbindungen, wenn sich etwa tschechische Nationalisten jenseits der Benesch-Dekrete mit deutschen Neonazis verbrüdern.
Die Lage in den einzelnen Ländern wird jeweils anhand von Reportagen, historischem Abriss und Interviews mit den An-Führern vorgestellt.
"Frage: Wer soll definieren, wer ein echter Bulgare ist? Welche Kriterien wenden sie an?
Rasate (Bulgarien): Es sind dieselben Kriterien, nach denen ein Deutscher definiert wird.
Frage: Wer kann für Sie also ein echter Bulgare sein?
Rasate (Bulgarien): Für mich wäre es leichter zu erklären, wer es nicht ist." (275)
Historisierende Phantasieuniformen wie in Bulgarien, irreale Kontakte mit der nationalen Staatskirche wie in Serbien, allenthalben Aufmärsche gegen Roma und sozial Derangierte, zwischendurch Übergriffe auf die Love-Parade - die Gewalt scheint allgegenwärtig zu sein.
Im Westen nimmt man diese Entwicklungen oft als rein kriminelle Aktionen wahr oder als überspitzte Reaktionen auf den ehemaligen Kommunismus.
Die beiden Korrespondenten beleuchten den Aufmarsch der Rechten mit Besorgnis, weil einige Länder mittlerweile Mitglied der EU sind und zu befürchten ist, dass das demokratische Gefüge der EU schwer in Bedrängnis kommt, zumal es sich oft um irreale Argumentationen und skurrile Gefühlslagen handelt, die von der Rechten vorangetrieben werden.
Aufmarsch ist ein aufklärendes Buch über die Schattenseiten des politischen Spektrums im Osten. Die Korrespondenten Gregor Mayer und Bernhard Odehnal nehmen dabei durchaus einen deklarierten demokratischen Standpunkt ein, der ihre Besorgnis berechtigt erscheinen lässt.
Helmuth Schönauer

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