Stadt der Verlierer : Roman

Faschinger, Lilian, 2007
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Medienart Buch
ISBN 978-3-446-20817-9
Verfasser Faschinger, Lilian Wikipedia
Systematik D - Deutsche Literatur
Schlagworte Krimi, Österreich: Literatur
Verlag Hanser
Ort München
Jahr 2007
Umfang 315 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Lilian Faschinger
Annotation Schwierige Balance Lilian Faschingers Roman "Stadt der Verlierer" ist halb gelungen Eine Gattung zu handhaben und sich dabei der üblichen Schemen zu bedienen, um sie als solche zum literarischen Spiel- sowie Erkenntnismaterial zu gestalten, das verlangt einen gehörigen dichterischen Seiltanz. Die scheinbare Leichtigkeit der Schwebe ist schwer zu halten, das Klischeegewicht kann schnell auf den Boden des Genres zurückwerfen. Lilian Faschingers Werk beruht oft auf einem artistischen Balanceakt, der gelungene ästhetische Pirouetten zeitigt; es fällt bisweilen allerdings zu überladen oder eine Spur plakativ aus. In Die neue Scheherazade, ihrem ersten Roman von 1986, zieht sich die Austroperserin Scheherazade Hedwig Moser, der Rolle als Außenseiterin überdrüssig, auf ihr Sofa und in den Freiraum des Fabulierens zurück. Diese Flucht in die Phantasie, die auch mit Trivialmythen umzugehen versteht, ist ebenso plausibel wie anregend geschildert, so daß die Erzählung aus der Tiefe des Sofas eine eigentümliche Tiefsinnigkeit erhält. Erzählen, zuhören: Eine neue Magdalena Sünderin (1995), eine siebenfache Männermörderin, zwingt einem gekidnappten Pfarrer ihre Beichte auf und schildert dabei ihre Europareise durch alte und moderne Mythen, bis dieser Reigen überdreht scheint. Den 1999 erschienenen Roman Wiener Passion hat Lilian Faschinger als narratives Panoptikum bekannter Stadtbilder, psychischer und krimineller Abwege, historischer und aktueller Ansichten angelegt. Sie scheut sich nicht dick aufzutragen und schafft dennoch eine Vielschichtigkeit von Wiener-Blut-Orten, im neuen Roman nun als Stadt der Verlierer weitergeschrieben. Die zwei Erzählstränge geben abwechselnd die Innenperspektive eines wenig freundlichen Frauenfreundes und die Außensicht einer Detektivin wieder. Dieses Wien ersteht in präziser - nachgehbarer - Topographie, mit einem Flair falscher Fassaden, hinter denen allerlei große, kleine Machenschaften und Niederlagen ihren Lauf nehmen. In helle, dunkle Villen, Wohnungen, Durchhäuser dringen Blicke, und überall gibt es etwas zu verbergen. Eines ungemein heißen Sommers Früh stolpert Matthias Karner im Dickicht des Lainzer Tierparks zunächst über einen Schuh, dann über eine junge Frau, die sich hier den Freitod geben wollte. Der neunundzwanzigjährige Ich-Erzähler hatte als Adoptivkind in Kärnten gelitten, mit der Stiefschwester eine intensive, verbotene Geschlechtlichkeit erfahren und läßt sich, meist beschäftigungslos, von Frauen aushalten. Mit der geheimnisvollen Geretteten beginnt er eine heftige Affäre, während eine offenbar reiche Dame das Detektivbüro von Dr. Emma Novak, der in der Parallelerzählung die Sie-Draufsicht folgt, betritt: Sie will ihren einst zur Adoption freigegebenen Sohn ausforschen lassen. Derart kommen allerhand Beziehungsgeschichten und eine Kriminalhandlung - in dieser Ermittlungsphase bald vorhersehbar - in Gang, in denen die Schemen hervorgehoben und ironisiert werden mögen, die Klischees jedoch die Oberhand behalten. Dem gewöhnlichen Krimischema Tat - Ermittlungen - Aufklärung folgt Stadt der Verlierer im Grunde schon, allerdings ohne für die Spannungseffekte in erster Linie auf das Rätsel zu setzen. Die zwei abwechselnden Erzählstränge geben dafür Einblick in das Vorgehen der beiden konstitutiven Gattungsfiguren, Detektivin und Täter. Damit verknüpft Faschinger, im Titel angezeigt, einen Gesellschaftsroman und schafft so eine ansprechende Konstruktion, die feine Fäden zwischen den Ebenen, vielschichtige narrative Möglichkeiten bietet und im Zwillingsmotiv eine inhaltliche Entsprechung findet. Jedoch kommen mir einige Elemente unnötig explizit herausgestrichen vor, etwa das Tunnelmotiv im Part des Gitarre spielenden, Springsteen und Rocksongs zitierenden Matthias, der in einem Durchhaus wohnt: "Manchmal hatte ich das Gefühl, im Durchhaus zu stecken wie in einem Geburtskanal oder in einem Tunnel, aber es war eine Zangengeburt, und es war kein Tunnel of Love." Zudem sind einige Figuren und Vorgänge plakativ: Eine notleidende junge Mutter schiebt den zweitgeborenen Zwilling ab und eben dieser wird zum psychopathischen Nichtstuer-Widerling, während der erste mit 29 zum Architekturstar avanciert ist und die Mama zur reichen Dame; in einer Pötzleinsdorfer Villa greift eine andere Mutter auf männliche Jugendlichkeit und esoterisch weit in die Zeit zurück, während sich ihr Mann senil auf seine enge Version der Kriegsvergangenheit konzentriert; ein Friseur wird Detektivgehilfe, geht in Religionseinübung und Diätvarianten auf; eine Gerichtsmedizinerin stilisiert ihr Kulinarium, das die Bekochte kaum hinunterbringt

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